Das brasilianische Quartett Maestrick nimmt uns mit dem Espresso Della Vita auf eine abwechslungsreiche musikalische Reise mit. Theoretisch steht Progressive Metal auf dem Programm, praktisch findet man sich in einer Art Musical wieder – mit klaren Metal-Einflüssen.
Frontmann Fábio Caldeira geleitet uns mit der Stimme eines Musical-Sängers (Stichwort: „Belting“) durch sehr abwechslungsreich komponierte Tracks, die liebevoll bis ins kleinste Detail ausgearbeitet sind. Zwar besteht bei jeder Komposition eine nachvollziehbare Struktur, gerade beim ersten Hören dürfte man aber des Öfteren überrascht sein, wenn man an eine Stelle kommt, an der man zu wissen glaubt, was als nächstes kommt, nur um durch eine völlig unvorhersehbare Wendung eines besseren belehrt zu werden. Langeweile kommt dabei definitiv nicht auf. Einen nicht unbedeutenden Beitrag zum Musical-Feeling tragen auch weibliche, bisweilen sogar mehrstimmige, Vocals bei.
Gespannt war ich auf den Einsatz eines Pianos, das ebenfalls in das musikalische Repertoire des Frontmanns gehört. Zwar ist der Einsatz von Pianos und Samplern im Metal lange nichts mehr neues, die tragende Rolle (jaja, man hört hier das gute alte Klavier auch mal außerhalb der Intros) trägt auf dieser Scheibe schon entscheidend zum musical-artigen Feeling bei. In diesem Zuge bekommen wir nicht nur den klassischen Piano-Sound, sondern auch zahlreiche Samples z.B. von Streichern zu hören.
Die Strom-Gitarren dürfen natürlich nicht fehlen, bleiben aber zumeist ein Begleitinstrument, das einen druckvoll schiebenden Drive erzeugt. Wir bekommen jedoch auch einige trickreich ausgearbeitete E-Gitarren-Soli zu hören.
Durch gehäufte Takt- und Tempowechsel findet man sich regelmäßig bei der Suche nach dem Grundmetrum wieder, durchgehendes Headbangen ist hier definitiv Fehlanzeige. Auch die Harmonik lässt uns passagenweise allein auf der Suche nach dem tonalen Zentrum zurück. Diese anarchistischen Momente münden jedoch stets elegant wieder in harmonisch und rhythmisch gut nachvollziehbare elegische Passagen.
Monotonie und Langeweile sind auf der Reise mit dem Maestrick-Express Fehlanzeige. Unvorhersehbare Wendungen sind hier mehr die Regel als die Ausnahme. Die Musik verabschiedet sich phasenweise so weit von ihren metallischen Wurzeln, dass man auf der Reise gelegentlich vergisst, dass man gerade eine Metal-Produktion hört. Wer ein bisschen was für Musicals übrig hat, sollte unbedingt mal eine Fahrt mit dem Espresso Della Vita unternehmen, es lohnt sich! Für die Eskalation im Moshpit sollte man dann aber vielleicht doch eine andere Scheibe auflegen…
S.L.
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